3 Stimmen für gutes Kino haben vorgetanzt in der Tanzakademie der drei Hexenmütter. Das Remake des Horrorklassikers "Suspiria" konzentriert sich mehr auf psychologische Stimmungen denn splattrige Schockmomente und verwebt die Machtrangeleien der Finsternis gekonnt mit politischem Zeitgeschehen.Dürfen wir Sie zum Tanz auffordern? Dies und mehr in unserer neuen Folge "Lichtblick on air", dem ersten deutschen Kinopodcast von uns den Kinobetreibern für Sie, die Kino Liebhaber

Hexensabbat ohne Fraborgasmen

Ein Hexentanz auf dem Scheidepunkt von Machtsystemen und Genderpolitik. Die Neuinterpretation des Giallo-Klassikers „Suspiria“ tanzt prachtvoll auf allen Bühnen.


Nach der Uraufführung gab es für Regisseur Luca Guadagnino („Call me by your name“, „A Bigger Splash“) eine Umarmung unter Tränen, von Kollege Quentin Tarantino. Das mag daran liegen, dass Gaudagnino nicht einfach ein modernes Remake von Dario Argentos Horrorklassiker „Suspiria“ (1977) gedreht hat, sondern sich, in tiefer Ehrfurcht, dessen Konstrukt ausborgte, um eine ganz eigene Interpretation zu erschaffen, die von höchst anspruchsvollem Sachverstand und Vieldeutigkeit strotzt. Die Handlung dreht sich im Kern immer noch um eine von Dunkelheit umwobene Tanzschule für Mädchen im Berlin von 1977. Die Konflikte in Gesellschaft, Politik und Kultur jener Zeit spiegelt Gaudagnino gekonnt in Macht- und Beziehungsgeflechten der Heldinnen (allesamt an Frauenfiguren der Fassbinder Filme angelehnt) der Tanzakademie wieder und schafft auch Parabeln in unsere heutige Zeit. Die künstlerisch herausragende Inszenierung verneigt sich vor zeitgenössischen Genreklassikern und erinnert in ihrer Körperlichkeit auch an die betörenden Verrenkungen eines Pina Bausch Tanztheaters. Am Ende steht nur eine Frage: Wo geht der Tanz hin, und wer steht am Ende auf der Bühne? (dre)


Italien 2018, 152 Min., FSK 16, Regie: Luca Guadagnino, Buch: David Kajganich, Darsteller: Dakota Johnson, Tilda Swinton, Chloë Grace Moretz