Die Exposition mit Umweltstäuben, ultrafeinen Partikeln und Gasen wird als Ursache akuter kardiovaskulärer Morbidität und Mortalität angesehen. Epidemiologische und toxikologische Studien der letzten Jahre weisen auf die Bedeutung von ultrafeinen Partikeln als Auslöser für
die lokalen pulmonalen und systemischen Entzündungsreaktionen hin, die durch Veränderungen
in der kardiovaskulären Funktion gekennzeichnet sind. Dazu gehören endotheliale Dysfunktion
und prothrombotische Prozesse, die letztlich zum akuten Herztod führen können.
Die Mechanismen, die dazu führen, sind derzeit nur unzureichend geklärt. Es konnte in zahlreichen
Studien gezeigt werden, dass ultrafeine Partikel von der Lunge in die systemische
Blutzirkulation translozieren können. Als Ursache kardiovaskulärer Negativ-Effekte werden
entweder die Freisetzung von löslichen Mediatoren aus der Lunge und direkte Effekte von
translozierten, ultrafeinen Partikeln in die systemische Blutzirkulation diskutiert.
Unsere Tierexpositionsstudie wurde durchgeführt, um die Hypothesen zu prüfen, dass „translozierte“
ultrafeine Kohlenstoffpartikel (UfCP) eine signifikante extrapulmonale Entzündung
induzieren können. Zu diesem Zweck wurden die systemischen Effekte von zwei verschiedenen
Expositionsmodellen verglichen. Die Versuchsmäuse wurden mittels der Inhalation von
UfCP (48 nm; 440 µg/m3) bzw. gefilterter Luft für 4 oder 24 Stunden oder durch die intraarterielle
Infusion mit der berechneten äquivalenten Dosis von innerhalb einer 24-Stunden-
Inhalation translozierten UfCP (5 × 10E7 UfCP) exponiert. Die Versuchsmäuse wurden hinsichtlich
systemischer Effekte in der Blutzirkulation mittels automatisierter hämatologischer
Untersuchung von Zellzahlen und Plasma-Zytokin-Konzentrationen untersucht. Darüber
hinaus wurden Aktivierungsmarker auf peripheren Monozyten und Granulozyten mit FACS
analysiert. Zur Untersuchung der lokalen, entzündlichen, mikrovaskulären Effekte in den
Geweben von der Lunge, vom Herz, von der Aorta und von der Leber wurde eine quantitative
Genexpressionsanalyse und eine multianalytische Proteinexpressionsanalyse durchgeführt.
Die Inhalation von UfCP war durch eine leichte pulmonale Entzündungsreaktion mit endothelialer
Aktivierung und einer leicht erhöhten Fibrin(ogen)deposition auf Endothelzellen von
kapillaren Blutgefäßen der Lunge gekennzeichnet, wohingegen die intraarterielle Infusion von
UfCP keine signifikanten Reaktionen in der Lunge aufwies. Auf systemischer Ebene verursachten
beide Expositionsmodelle nach der Partikelexposition einen Anstieg von neutrophilen
Granulozyten- und Monozytenzellzahlen und zugleich eine Abnahme der pro-entzündlichen
Plasma-Zytokin-Konzentrationen, jedoch mit einem stärkeren Effekt nach der Inhalation von
UfCP.
Hinsichtlich dieser Endpunkte lassen diese Ergebnisse auf einen adjuvanten Effekt von
„translozierten“ Partikeln schließen. Jedoch zeigte sich nur nach der Inhalation von UfCP eine
signifikante Abnahme von Aktivierungsmarkern auf der Oberfläche der zirkulierenden
Leukozyten-Populationen, was auf eine Retention/Transmigration von aktivierten Zellen über
die Adhäsion des aktivierten Endothels in der Lunge hinweist. Das Zytogramm der Thrombozyten
ergab ebenso nur nach der Inhalation von UfCP einen Anstieg der Zellzahlen und ihres
Aktivierungszustandes und dessen der Riesenthrombozyten. Diese Tatsache lässt auf die notwendige
pulmonale Entzündungsreaktion schließen, die für die Rekrutierung und Aktivierung
der Thrombozyten ausschlaggebend war. In beiden Expositionsmodellen mit UfCP zeigte
innerhalb der extrapulmonalen Organe die Aorta die stärkste entzündliche und prothrombotische
Reaktion auf, wobei im Vergleich zur intraarteriellen Exposition ein stärkeres
pro-entzündliches Reaktionsbild nach der Inhalation von UfCP zu erkennen war. Die Inhalation
von UfCP induzierte in der Leber eine frühe, vorübergehende pro-entzündliche Reaktion
mit einer endothelialen Aktivierung und einer geringfügigen Reaktion im Herzen, die mit
steigender Expositionsdauer zunahm, während die intraarterielle Infusion von UfCP in diesen
Organen keine offensichtlichen Effekte verursachte.
Die Ergebnisse dieser Studie weisen darauf hin, dass die systemisch verfügbaren UfCP teilweise
förderliche Effekte auf spezifische biologische Endpunkte haben mögen. Jedoch zeigen
die Ergebnisse eindeutig, dass die Entzündungsreaktion in der Lunge entscheidender für die
meisten extrapulmonal beobachteten Effekte ist. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit kann die
wichtigste Aussage getroffen werden, dass die Lungenentzündung und nicht die Translokation
ultrafeiner Partikel entscheidend für die extrapulmonalen Effekte ist.