In der zweiten Ausgabe des Formfreude Podcast spreche ich mit Tom Bachem, dem erfolgreichen Kölner Serienentrepreneur, über Buchhändler als Karriereberater, seinen ungewöhnlichen Lebenslauf, Quellen der Inspiration, warum Programmieren auch Design ist und die Schwierigkeiten diese beiden Disziplinen zu unterrichten.

In der zweiten Ausgabe des Formfreude Podcast spreche ich mit Tom Bachem, dem erfolgreichen Kölner Serienentrepreneur, über Buchhändler als Karriereberater, seinen ungewöhnlichen Lebenslauf, Quellen der Inspiration, warum Programmieren auch Design ist und die Schwierigkeiten diese beiden Disziplinen zu unterrichten.

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Der "Formfreude" Titel und die "Drei Thesen" wurden eingesprochen von der großartigen & talentierten Lilia Lehner. lilialehner.de

Transkript

Tom


So, trinken während des Gesprächs geht, ne?

Christoph


Geht, natürlich, wir können auch Prost sagen. :) Immerhin machen wir hier einen Kölner Podcast. In der Kölner Innenstadt, da darf man auch durchaus was Kölsches trinken.

Tom


Find ich auch.

Christoph


Okay, du hast eben gesagt, du bist quasi das Poster-Child, was du später auch noch ansprechen willst, weil du nicht Informatik studiert hast. Du warst damals schon so weit, dass du sagen konntest, das Studium, das bringt mir persönlich gar nichts, weil es gar nicht die Themen bedient, die du erwartest.

Tom


Ja, genau so war das. Seit ich 12 bin programmiere ich. Ich habe so ganz naiv und blöd angefangen und habe mir das irgendwann mal in den Kopf gesetzt und bin in die Buchhandlung gegangen und habe dann den Buchverkäufer gefragt, was können sie denn so empfehlen? Sehr smarter Move rückblickend :) Ich will programmieren lernen – da hat der mir natürlich so einen ultradicken Schinken empfohlen.

Christoph


Studienberatung in der Mayerschen :)

Tom


Ja, Gonski damals. Und dann haben mir die einen richtig dicken Schinken, so C++ mehr oder minder, angedreht, den hab ich dann mit nach Hause genommen und habe versucht mich da durch zu kauen. Ich bin fast daran verzweifelt, erst mal diese Entwicklungsumgebung, die auf einer Art DOS Prompt und einem DOS Text Editor basierte, und das war schon zu Zeiten von Windows 95 und grafischen User Interfaces. Die überhaupt ans Laufen zu kriegen ... Ach, eigentlich habe ich da direkt die Lust verloren und ich dachte mir: „Hey, ich will doch so Programme für Windows machen und so. Was hat das damit zu tun?“ Ich habe dann aber zum Glück die Geduld nicht verloren und bin wieder hin, habe aber diesmal direkt selber gestöbert und habe dann Visual Basic gefunden von Microsoft, was also, wie der Name schon sagt, eine sehr visuelle, grafische Herangehensweise ans Entwickeln ist. Und bin dann damit wirklich durch gestartet.

Christoph


Cool. Mein Vater hat angefangen zu Programmieren in Lochkarten und Assembler sogar, der hatte eigentlich einen ganz anderen Job in der Firma aber ist in den Keller zu den Nerds gegangen. Das wird wahrscheinlich in den 70er Jahren gewesen sein, ich kenne die genaue Chronologie nicht. Er hat gesagt: ‚"Was macht ihr denn da?‘" Und dann haben die ihm erklärt: „So geht programmieren, hier stanzen, dann ist es 'ne 1…" Und dann kam erst Assembler. Und er hat dann Visual Basic zuhause als Recreational Programming gemacht, ein bisschen zum Entspannen. Das waren halt so Mainframe-Sprachen, mit denen er dann in der Arbeit zu tun hatte für Versicherungen. Wir sind ja ein ähnlicher Jahrgang hier, zu der Zeit wo wir so jung waren da war Visual Basic der letzte Schrei gerade.

Tom


Ja, für diese Mainframe-Sachen, da finden sich bestimmt gut dotierte Jobs. Wahrscheinlich gibt es nur noch 10 Menschen auf der Welt, die das programmieren können :) Überspitzt formuliert. Nein, ich höre das immer wieder, Stories von Bekannten wo dann Cobol oder Fortran extrem gefragt sind in der Banken- und in der Versicherungsbranche, die einfach diese uralten IT Systeme haben. Und da werden auch absurde Tagessätze gezahlt.

Christoph


Nachdem mein Vater aus der Firma gegangen ist, hat er noch 10 Jahre Anrufe erhalten. Und die wollten das System eigentlich 2 Jahre nachdem er ausgeschieden ist abschalten, und haben das noch 10 Jahre laufen lassen. Gut, mittlerweile lacht man darüber, wenn man einmal 100 Millionen Kunden in einer Datenbank hat, vor allem in einer Mainframe-Datenbank, die umzuziehen auf ein neues System, wenn da was schief läuft … oh oh … Google würde jetzt sagen: ‚"Wir haben da 'ne Idee.“ Aber zu der Zeit gab es so etwas noch nicht in dieser Größenordnung.

Tom


Ich muss sagen, ich finde es andererseits auch immer wieder faszinierend, ich entdecke dann manchmal auch 10-15 Jahre alte Skripte von mir, das ist ja so das Maximum, was ich in meiner Lebensspanne von mir selber noch finden kann, und die funktionieren noch echt gut. Ich finde das andererseits auch wirklich faszinierend, dass Code, der gut geschrieben ist, auch doch sehr zeitlos ist. Viele der Tools, gerade diese ganzen Kommandozeilen-Tools, die man auch als Entwickler und Techie tagtäglich nutzt, sind ja aus den 70ern. Die wurden teilweise nie wieder angefasst seitdem, weil die letztendlich schon perfekt sind. Und das übt auf mich eine große Faszination aus. Manchmal überschätzt man dann auch wie schnell sich der Code weiter entwickelt. Manchmal sehe ich auch Sachen und denke: „Oh, das habe ich ja vor 5 Jahren programmiert und das ist ja immer noch genauso aktuell.“ Wenn es halt gut programmiert war.

Christoph


Also auf der einen Seite: never change a running system; auf der anderen Seite: Die Mathematik bleibt ja wahr. Der Interpreter ändert sich vielleicht, aber solange der versteht, was du geschrieben hast, bleibt es ja richtig.

Tom


Genau. Die allerwenigsten der Programme, die ich so schreibe, haben etwas besonders mathematisches an sich. Aber ich glaube, gutes Design ist zeitlos, um es mal so zu sagen. Es geht eher darum, wie das Ganze designt ist, wie ist das User Interface, und das UI kann ja auch nur ein Kommandozeilen Befehl sein. Je nachdem, was das Ding tun soll und wie es gestaltet ist, kann es wirklich ewig so laufen.

Christoph


Absolut. Das ist schon eine sehr schöne Einleitung. Aber erst mal sage ich: Herzlich Willkommen zu Formfreude, ich freue mich wahnsinnig mit Dir hier ein wenig über Software und Design sprechen zu können. Tom, Thomas Bachem, willst du dich kurz vorstellen?

Tom


Kurz? Ja, ich bin Tom, ich bin 30 Jahre alt, seit meinem 12. Lebensjahr Software-Entwickler, habe dann irgendwann zwischendurch auch mal BWL studiert und parallel dazu eine ganze Reihe von Internet Start-Ups gegründet und ich bin irgendwie thematisch ein Querschnitt aus dem Coder, der auch immer noch gerne und viel und passioniert coded, und andererseits eben dem Gründer, dem BWLer, der auch diese beiden Welten immer wieder zu verbinden versucht. Ich versuche mich selber auch immer wieder herauszufordern, indem ich erstens Projekte mache, die mir selber eigentlich viel zu groß erscheinen und mir selber über den Kopf wachsen können, und andererseits, die immer in ganz anderen Gebieten sind. Beispielsweise habe ich vor knapp 3 Jahren, zusammen mit anderen Unternehmern, den Bundesverband deutscher Start-Ups gegründet, wo wir auch ganz viel politische Lobbyarbeit machen. Vorher hatte ich eigentlich mit Politik nie was am Hut, nur als Bürger, aber ich habe auch nie aktiv irgendwas mitgestaltet. Ich habe dann sehr viel über die Politik gelernt und wie das funktioniert in der Praxis. Interessenvertretung zu machen, das ist ja eigentlich ziemlich weit weg von einem Software Entwickler.

Christoph


Das ist eher Social oder Political Engineering, und nicht Software Engineering :-)

Tom


Genau, das ist es auf jeden Fall auch. Wie soll ich sagen, ich merke immer wieder, dass meine wahre Natur, meine Prägung, die ist immer noch die eines Software-Entwicklers, denn programmieren macht mir wirklich Spaß und ist für mich eigentlich eher Entspannung. Während dann eben solche Sachen, die viel mit Social Engineering zu tun haben, die sind zwar auch sehr anstrengend für mich, aber ich glaube da bin ich auch gut drin. Und Politik ja ohnehin. Aber auch ganz allgemein, ich finde, beim Programmieren ist es dann meistens so: Es gibt ein Problem oder eine Herausforderung und meistens, wenn man nur hart genug und lang genug drüber nachdenkt, findet man letztendlich die fast perfekte Lösung dafür. Und das ist sehr befriedigend. Gerade in Aspekten des Lebens, die Menschen involvieren, ist es einfach viel seltener der Fall. Und in der Politik, das wissen wir, besteht alles sowieso nur aus Kompromissen.

Christoph


Ja, nicht nur in der Politik sondern mit Menschen könnte man das auch sagen. Im Prinzip kannst du auch sagen, dass die Software, die du schreibst ja eine Sprache für eine Maschine ist, und die Maschine ist absolut, die vergibt nicht wenn du einen Fehler machst. Dann funktioniert es nicht. Erst wenn du keinen Fehler mehr hast, dann funktioniert es. Das heißt, wie du gerade gesagt hast, wenn du lange genug und hart genug darüber nachdenkst, und du hast viel Zeit und die Maschine sagt dir immer wieder: “Das klappt nicht, das klappt nicht, das klappt nicht.“ Die ist dann aber nicht nachtragend, die ist dann nicht pissed, sondern sagt: „Probier's morgen noch mal.“ Im Prinzip kannst du es so lange probieren bis es klappt, beim Menschen funktioniert es so rum überhaupt nicht, denn wenn du beim ersten Mal mit irgendetwas daneben liegst, dann kann es manchmal Jahre dauern, oder unmöglich sein, überhaupt noch einen zweiten Versuch zu bekommen. Und du hast überhaupt nicht die Möglichkeit immer wieder zu probieren, deswegen ist das ja grundsätzlich was sehr unterschiedliches.

Tom


Ja, das stimmt, da gebe ich dir absolut Recht. Jetzt hast du grade eine Sache gesagt, da würde ich gar nicht unbedingt zustimmen. Du hast gesagt: „Man schreibt den Code für Maschinen.“ Ich finde, eigentlich schreibt man Code immer für Menschen und die Maschinen führen den aus. Aber das ist ganz wichtig, es gibt vergleichsweise wenige Code-Sachen, die tatsächlich mit der Maschine interagieren sozusagen, und sehr viele der Dinge, die ich mache und die mir auch Spaß machen, sind dann wieder an dieser Schnittstelle. Zum Beispiel im Design, im Interface und so. Und da musst du dann natürlich theoretisch anfangen, aufgrund der menschlichen Aspekte, wieder Kompromisse zu machen. Aber trotzdem, du hast einfach diese Ruhe, diese Zeit, die du dir nehmen kannst, um das wirklich von vorne bis hinten durchzudenken. Und meistens findet man dann einfach eine befriedigendere Lösung, zumindest als bei den politischen Sachen.

Christoph


Du bist da auf jeden Fall eine rare Spezies, ohne jetzt Stereotype breitschlagen zu wollen. Aber normalerweise sagt man, wenn man viel programmiert, dann ist man nicht unbedingt die typische Verbindung. Aber du hast auch nicht einen ganz typischen Lebenslauf oder -Lebenslauf hinter dir, oder? Du hast ja schon ein bisschen was gesagt, aber wer diesen Podcast hört und dich nicht kennt, die Gruppe ist relativ klein. Man sollte deinen Namen mal gehört haben. Du hast, zusammengefasst, eine Video-Plattform und ein Browser-Game – oder das ist ein bisschen zu wenig, quasi eine Company, die Browser Games macht wenn man so will, mit United Prototype. Den Start-Up-Verband, lebenslauf.com, also einen B2C Online Service könnte man es nennen, und jetzt denkst du sogar darüber nach eine Hochschule zu machen. Das ist eine ganz schön heterogene Projekt-Timeline, wenn ich das mal so betrachten darf. Wie bist du an den einzelnen Zeitpunkten auf den Gedanken gekommen, diese Produkte oder diese Dienstleistungen zu machen? Kam das von hier oder kam das von hier? Kam das aus dem Herzen oder kam das aus dem Verstand? Bist du jemand, der sagt: „Ich hab voll Bock das zu machen!“, oder ist das eine Idee oder ein Geistesblitz, oder gehst du eher analytisch vor und sagst: „Ich sehe den Markt, ich sehe da ein Need, ich sehe da einen Bedarf und da geh' ich rein?“

Tom


Ne, bei mir ist das total Geistesblitz- und Leidenschaft gesteuert. Ich bin leider auch ein ziemlich undisziplinierter Mensch, ich bewundere das immer wieder auch bei anderen, wie du sagst, dieses sehr analytische Vorgehen, das ist etwas, was wir beispielsweise in der deutschen Gründer und Start-Up-Szene sehr oft sehen. Diesen Ansatz, den eigentlich die Samwer-Brüder sehr stark geprägt haben sehr früh, dieses: Wir analysieren einen amerikanischen Markt, gucken was läuft da und bauen dann das nach, oder einen vergleichbares Geschäftsmodell auf. Das hat seine eigene Faszination. Ich kann das gut nachvollziehen, aber irgendwie hat mich das dann doch nie genug gereizt. Eigentlich bin ich in alle meine Projekte fast schon so reingestolpert, immer wenn das eine Projekt zu Ende ging, stand das nächste eigentlich schon länger fest. Jetzt, wenn man das, was ich schon so gemacht habe, mal so durch geht, dann sind das tatsächlich ganz viele verschiedene Sachen. Das macht mir auch total Spaß und das ermöglicht mir auch mich weiterzuentwickeln, immer wieder zu lernen. Ich habe sogar angefangen mit einer Internet Agentur, so bin ich eigentlich zum Business gekommen. Wie ist das? Wenn man 12, 13, 14 Jahre alt ist und wir haben so 1999/2000 und du kannst programmieren, und dann habe ich natürlich auch viel Web Entwicklung gemacht. Dann lag es auf der Hand, dass die ganzen Läden um die Ecke alle ihre Homepages brauchten. Damals hatte ja noch niemand eine.

Christoph


Und das war richtig Überzeugungsarbeit zu der Zeit damals. Die meisten stehen da und sagen: „Warum brauch ich denn eigentlich 'ne Website?“ Das war meine Erfahrung während den 2000ern und 2001sern sogar. Da muss ich aber vielleicht dazu sagen, dass ich in der Zeit für viele Apotheken Webseiten gemacht habe, das ist eine ganz eigene Klientel.

Tom


Das glaube ich. Ich hatte das Glück, dass ich nie so aktiv gesucht habe sondern eigentlich habe ich nur darauf gewartet, dass die, die es schon verstanden haben, dann kamen.

Christoph


Bessere Strategie :)

Tom


Weiß ich nicht, aber eigentlich hatte man immer genug zu tun. Und wir haben dann Webseiten für die entwickelt. Dann war natürlich notwendigerweise irgendwann, neben dem reinen Programmieren, auch die Fähigkeit gefragt, mit den Kunden zu verhandeln, mit den Kunden zu sprechen, überhaupt zu verstehen was die genau wollen, weil die hatten ja alle sehr nebulöse Vorstellungen von dem, was eine Website ist und wie sie aussehen sollte. Man hatte plötzlich eine gehörige Portion Verantwortung als 14-, 15-jähriger so eine Firmenpräsenz zu gestalten. Ich glaube, das war letztendlich der Anstoß, wo ich dann plötzlich vom Techie in diese Business-Richtung gekommen bin. Ich hab das so die ganze Schulzeit durch gemacht, als das Abi kam habe ich mir überlegt, was steht jetzt für dich an. Irgendwie hatte ich schon den Anspruch ich will was studieren, und den Eltern ist das natürlich auch immer wichtig, und wenn man schon das Abi hat …

Christoph


Junge, mach was Vernünftiges.

Tom


Ja, außerdem ist ja auch das Studium immer eine super Ausrede um sich davor zu drücken, richtig Verantwortung übernehmen zu müssen. Ja, das war schon so :) Ich hatte einfach Bock Student zu sein, ich wollte das Studentenleben haben.

Christoph


Aber du hast währenddessen gearbeitet?

Tom


Ja, genau.

Christoph


Ja, das ist dann Studentenleben light.

Tom


Tatsächlich, da komme ich jetzt zu. Dann habe ich überlegt was ich studiere und habe mich dann umgeschaut und eigentlich lag ja nahe, dass ich irgendwas mit Software Entwicklung mache. Ich muss aber sagen, dass mich Informatik damals irgendwie abgeschreckt hat. Ich hatte zwar immer ein ausgeprägtes Interesse an Mathematik, auch in der Schule und so, aber ich habe zu dem Zeitpunkt schon knapp 5 Jahre aktiv entwickelt, und habe mich dann plötzlich gefragt: „Warum reden alle über irgendwelche Algorithmen und irgendwelche Mathematik-Sachen, ich programmiere doch jetzt seit 5 Jahren und bin damit auch ziemlich erfolgreich und habe das noch nie gebraucht.“ Und irgendwie erschien es mir damals so realitätsfern. Und deshalb habe ich mich damals entschieden an einer Business School zu studieren, an einer kleinen Schule hier in Köln. Und weil mich auch gleichzeitig angesprochen hat, dass so eine Business School auch ein bisschen kleiner, schulischer und persönlicher ist. Das erste Jahr meines dreijährigen Bachelor Studiums war ich noch weitgehend dort, hab dann dort wieder viel gemacht, Semestersprecher und habe mich eigentlich überall engagiert wo es ging. Ich war auch vorher an der Schule schon die letzten Jahre Schülersprecher gewesen, hatte also auch da immer viel gemacht. Ich glaube, das hat mir dann letztendlich sehr geholfen. Dann im 2. und 3. Jahr war ich nur noch sehr wenig in der Uni anwesend, weil ich parallel eben mein erstes Unternehmen Sevenload gegründet habe, was die besagte Online Video Plattform war. Und Sevenload war ziemlich ordentlich gewachsen, wir hatten große Venture Capital Investments drin, zuletzt sogar knapp 26 Millionen Euro, was zu der Zeit echt nochmal krass mehr war als das heute der Fall wäre.

Christoph


Für deutsche Verhältnisse immer noch in den oberen Quantilen.

Tom


In meinem 2. Studienjahr hatte ich schon Verantwortung über 30 Mitarbeiter und dann war ich natürlich wenig in der Uni. Die Uni hatte aber leider eine Anwesenheitspflicht. Naja, das war dann alles etwas tricky, aber wie ich eben sagte, ich glaube, mir hat das dann sehr geholfen, dass ich mich im ersten Jahr so sehr engagiert habe, weil dann die ganzen Leute an der Uni gemerkt haben: Der Typ ist schon in Ordnung, der muss jetzt nur wirklich seine Unternehmen mache und der will sich jetzt nicht drücken vor'm Studium. Und da muss ich schon sagen, da hat die Uni mir im Rahmen ihrer Möglichkeiten sehr stark dabei geholfen das trotzdem noch hinzukriegen. Und auch das ein oder andere Mal ein Auge zugedrückt, wenn man da irgendwie von Regeln abweichen konnte.

Christoph


Das spricht auf jeden Fall für die Universität, wenn die ihren Poster-Childs nicht in den Rücken schießt.

Tom


Ich kann mich noch erinnern, ich musste nie wirklich hart drohen, aber ich hatte tatsächlich mal so ein Gespräch an der Uni, wo ich denen ein bisschen was gesagt habe und ich gemeint habe: „Guck mal, ganz ehrlich, ihr redet hier immer vom Unternehmertum, und jetzt mache ich das mal richtig, und ihr könnt euch doch eigentlich gar nicht leisten, dass ich das Studium abbreche.“

Christoph


Und an die Presse gehe, und ein Buch darüber schreibe :)

Tom


So aggressiv zum Glück nicht aber ich habe denen das schon ein bisschen auf's Brot geschmiert und dann haben die das auch verstanden.

Christoph


Den Rest macht ja die Phantasie :) Krasse Story. Was ich so ein bisschen höre, du sagst ja schon in deinem zweiten Lehrjahr, oder 2. Semester, oder Unijahr, hast du die Verantwortung für 30 Personen gehabt. Du hast vorher selber programmiert, du hast vorher, wenn ich das richtig verstehe, auch immer bei den Unternehmen selber im Code mitgemischt, warst operativ beteiligt, natürlich mit der Zeit etwas weniger, wenn du ein Team von Programmierern geleitet hast. Aber wie machst du das, die richtige Balance zu finden, zwischen den Scheuklappen, die man manchmal als Programmierer braucht, um ein spezifisches Thema anzugehen, und den Weitblick, den man als Unternehmer braucht um die richtigen Entscheidungen zu treffen und richtig priorisieren zu können. Ich persönlich finde, das ist eine der schwierigsten Aufgaben, auch von mir jetzt als Geschäftsführer von einer Designagentur. Wenn ich mich jetzt mal in einem Projekt als Grafikdesigner selbst einsetze, gleichzeitig das gesamte Projekt im Blick zu behalten und Projektmanagement zu betreiben, während man auch gleichzeitig operativ engagiert ist. Wie machst du das?

Tom


Es ist mega schwer, es zerreißt mich immer wieder. Ich glaube, das sind auch wirklich, wie du sagst, diese zwei verschiedenen Denkweisen. Also zum Beispiel geht es mir auch oft so als Entwickler. Ich bin sehr perfektionistisch und will die Dinge richtig machen und aus Business Gesichtspunkten sagst du auch oft: „Ja, aber done is better than perfect.“ Wir brauchen gar nicht richtig, zumindest nicht richtig im technischen Sinne. Das ist immer wieder ein Kampf. Das ist vorweg dazu zu sagen: Es gibt nicht die eine Lösung, die habe ich auch nicht und ich erwische mich auch immer wieder dabei wie dann meistens mein Programmierherz überhand nimmt und ich andere wichtige Dinge vernachlässige. Beispielsweise bei so was wie lebenslauf.com habe ich lieber Zeit in Funktion und Features und Verbesserung des Produkts investiert und weniger Zeit in Marketing. Und ich glaube, es wär einfach viel früher schon so erfolgreich geworden, hätte ich einfach mal gesagt: „So, jetzt mal eine Woche“ – heute nennt man das ja Growth Hacking – „also einfach mal ein bisschen die Ad Words Settings tweaken, noch ein bisschen SEO …" Aber da hatte ich halt nie Bock drauf, und man flüchtet sich dann eher so in dieses Entwickeln.

Christoph


Das, was einem Spaß macht zieht einen in den Bann. Aber das muss ja gleichzeitig auch gemacht werden, schwer zu priorisieren.

Tom


Wir haben ja eben über die Unterschiede gesprochen, zwischen Entwicklung und Umgehen mit Menschen. Was mir jetzt gerade noch auffällt ist auch so eine Sache: Das Schöne beim Programmieren ist, du hast eigentlich immer eine vergleichsweise schnelle Kopplung an Ergebnisse, du weißt eigentlich immer, wenn ich einen bestimmten Aufwand investiere, dann kriege ich auch Ergebnisse raus. Manchmal dauern Dinge länger als ich dachte – eigentlich immer – aber trotzdem, man sieht den Fortschritt, das ist für dich als Entwickler extrem anfassbar, du spürst eigentlich jede Minute, dass du doch irgendwie voran kommst. Wenn ich jetzt zum Beispiel so was wie Marketing mache, dann ist das für mich oft schwieriger. Beim Marketing, da gibt es auch viele Dinge, da investiert man und weiß noch nicht was der Outcome ist, im Business ist das auch oft so, man muss ganz viele Treffen machen und es ist viel schwerer im Business festzustellen, wo ich gerade stehe. Das ist auch noch ein ganz wichtiger Aspekt, der das eine so viel angenehmer macht als das andere, für mich zumindest.

Christoph


Ich glaube, Ford hat gesagt: '50% meines Marketing Budgets ist verschwendet, ich weiß nur nicht welche.' Und was du grade ansprichst, ist ja im Prinzip, dass es keinen Marketing Debugger oder keinen Social Debugger gibt, obwohl das eigentlich ganz gute Start-Up Ideen wären …

Tom


Gibt's bestimmt alles :)

Christoph


Ja, es gibt alles, aber es hat sich noch nicht zu meiner Erkenntnis durchgesetzt. Aber Programmiersprachen sind von vornherein so angelegt, immer mehr in die Richtung. Wenn wir uns Swift angucken mit den Playgrounds zum Beispiel, wo man quasi in real time Feedback bekommt ob das, was man da macht, sinnvoll ist oder nicht. Wo man vielleicht noch vor 30 Jahren ein bisschen warten musste um eine Runtime einmal auszuführen. Und es ist immer schneller geworden um immer schneller Feedback zu bekommen und um zu wissen, wo stehe ich, bin ich falsch oder richtig, um dann später zum Erfolg zu kommen. Was Programmieren übrigens mit dem Gaming irgendwo gemeinsam hat. Weil Games auch extrem gut darin sind, gute Spiele zumindest, einem transparentes Feedback über die eigene Performance zu geben, weil man nur so merkt ob man besser wird oder schlechter. Gerade im Online Marketing, obwohl das Digitale ja eigentlich so schnell geworden ist, ist das noch unfassbar langsam, zumal man nicht nur sagen kann: „Ich mach' was und dann dauert das vielleicht 'ne Woche bis ich das Feedback habe,“ wie zum Beispiel SEO, wo das Monate dauern kann. Aber wenn ich jetzt über Facebook-Marketing oder SEM nachdenke, ist manchmal auch die Frage ob die KPIs überhaupt die richtigen sind. Ich kriege das schnelle Feedback, und das sagt mir irgendwie: „Das ist total toll!“ Aber ist es das wirklich?

Tom


Im Online Marketing hast du letztendlich zwei Möglichkeiten. Die eine ist: Du gibst wirklich Geld aus und investierst aktiv um auch Geld und schnelle Resultate zu bekommen, zum Beispiel in Ad Words, zum Beispiel in Facebook Ads. Und das sind auch schon noch die effektivsten Maßnahmen, da musst du eben Geld investieren. Und dann gibt es noch die Möglichkeit, wo du sagst: „Nee, ich will irgendwie nicht so viel Geld investieren, ich muss irgendwas Virales hinkriegen, oder Suchmaschinenoptimierung, wo ich dann keine laufenden Kosten habe.“ Das sind aber die Dinge, wo der Ausgang ein bisschen unklar ist. Um das jetzt wieder zu vergleichen mit dem Programmieren, zumindest für mich, für jemanden, der das ja selber kann, kostet das nichts. Das ist im Übrigen immer wieder verrückt und ganz spannend zu sehen, wenn ich mir dann manchmal Gedanken mache, was hast du jetzt die letzten 3 Tage programmiert? Und ich überlege mir, hätte ich das jetzt für wen anders programmiert und dann 600-800 Euro Tagessatz kriegen würde, wenn ich für andere was programmiere. Dann denke ich mir: 'Krass, du hast hier grade Zweieinhalbtausend Euro investiert in dieses kleine Feature bei Lebenslauf.com, was eigentlich so ein nice to have Ding ist und da hat dich mal wieder deine Leidenschaft völlig davon getragen. Andererseits macht das dann auch den Charme aus. Mich fragen viele Leute: „Warum ist beispielsweise Lebenslauf.com so erfolgreich geworden?“ Kurz zum Kontext: Bei Lebenslauf.com werden heute über 80.000 Lebensläufe jeden Monat angelegt, wirklich geschriebene Lebensläufe, nicht irgendwie Besucher sondern es wird von wirklich vielen Leuten genutzt, und das ist nur im deutschsprachigem Raum. Hätte ich früher nie gedacht, dass das überhaupt so viel hergibt. Und … Worauf wollte ich jetzt eigentlich hinaus?

Christoph


Warum es so erfolgreich ist …

Tom


Ja genau, viele fragen mich warum es so erfolgreich geworden ist.

Christoph


Wegen deinem Auge für Details?

Tom


Ja, es war ja nicht der erste Lebenslauf-Editor, aber es war der erste richtig gute, würde ich jetzt mal behaupten. Und es ist auch deshalb so gut geworden, weil ich da erst mal ganz lange so viel Zeit reingesteckt habe, ohne jede Gewinnerzielungsabsicht, weil es einfach ein Hobbyprojekt für mich war und dann war dieser Tipping Point erreicht, wo das Ding plötzlich super erfolgreich war, weil es einfach so viel besser war als alle anderen Produkte. Rückblickend weiß ich nicht mehr, wie viel Zeit ich da rein gesteckt habe, aber wirklich unfassbar viel. Weit mehr als ein Mannjahr. Hätte man das bezahlt, hätte man wahrscheinlich weit über 100.000 Euro für diesen Editor gezahlt, mindestens. Und dann überlege ich mir, welche Firma hat denn die Eier zu sagen: „Ach komm, wir entwickeln einen Lebenslauf-Editor, hier sind mal 100.000 Euro, oder wahrscheinlich sogar 200.000.“ Das hätte keiner gemacht und deswegen hat vorher nie jemand rausgefunden, dass es so erfolgreich sein kann, wenn man es tut.

Christoph


Ich finde die Parallele zu Blauarbeit.de gerade sehr interessant, als Empfehlung für Start-Ups. Welches Start-Up würde heute mit einer Person oder mit zwei Personen so was aufziehen? Da würde man wahrscheinlich schon sehr viel breiter gehen und die Ideen irgendwie weiterspinnen, und dadurch erhöht sich die Komplexität, es erhöht sich der Finanzbedarf und dann geht man gar nicht so weit. Bevor so etwas erfolgreich ist, kann man gar nicht Mannjahre reinstecken ohne Funding, ohne X, Y und Z. Weil man einfach eine höhere Burn-Rate hat oder einfach einen höheren Aufwand produziert. Die luxuriöse Situation ist einfach die Idee zu haben und es selber zu bauen, gleichzeitig bist du dadurch auch dein größter eigener Feind, weil du im Prinzip genau nach 3 Tagen aufwachen und sagen kannst: „Womit habe ich eigentlich die letzten Tage verbracht?“ Und wenn du keinen Bock hast, musst du dich auch selber an die Kiste treten, was auch nicht immer einfach ist.

Tom


Das ist übrigens auch ein totales Problem, was du grade sagst. Wir wir sprachen ja darüber wie man die Balance zwischen Business und Programmieren findet. Mir ist aufgefallen, dass es bei mir eigentlich immer so in Zyklen ist. Ich habe dann Wochen, da programmiere ich dann gar nicht. Gehen wir mal davon aus, ich bin jetzt an einem Produkt dran, das Programmieren erfordert, so was die Lebenslauf.com. Da gab es Wochen, da habe ich gar nicht programmiert. Da habe ich mich irgendwie nicht dazu gekriegt aber wenn man dann einmal wieder drin war, dann hat man plötzlich wieder 2, 3 Wochen richtig Gas gegeben. Und ich hab gemerkt, dass das schon fast nötig ist, weil es doch immer wieder diese kognitive Leistung beansprucht, sich in diese Welt reinzudenken, in den Code, den sozusagen wieder in dein Gehirn zu laden.

Christoph


Man spricht auch eine andere Sprache und man benutzt andere Teile seines Gehirns. Man nutzt weniger Empathie für Menschen, außer du machst jetzt Design-Tasks, sondern eher Empathie für die Maschine, auch wenn du mir da widersprichst. Ganz kurz in diese Richtung gefragt: Ist das bei dir auch so? Bei mir ist das so, wenn ich in einer sehr intensiven Design Phase bin, wo ich dann tatsächlich Tage an einer größere Aufgabenstellung sitze, da werde ich vollkommen asozial. Da bin ich nicht gut, wenn jemand in meiner Nähe ist oder so. Wenn ich irgendwie 4, 5, 6 Stunden am Stück designt habe, dann kann ich kein Gespräch mehr führen und bin vollkommen apathisch. Ich habe sogar mal eine Zeit lang programmiert, also man kann es nicht programmieren nennen, so Front End, HTML, CSS und so ein Zeug, und ich hab sogar mal PHP gemacht, und wenn ich das einen Tag gemacht habe, war ich auch vollkommen gesprächslos wieder. Ist das bei dir auch so? Deswegen switchst du das von Woche zu Woche, weil du wirklich in der Zone bist, in diesem Programmierer-Flow?

Tom


Ja, irgendwo schon, das stimmt. Ich denke dann die ganze Zeit darüber nach, auch beim ins Bett gehen und so weiter. Meine Freundin kann davon ein Lied singen, dass ich dann immer so ein bisschen abwesend bin und sie nimmt das zum Glück mit Humor, dass ich am nächsten Morgen gar nicht mehr weiß, was sie mir noch alles erzählt hatte beim Abendessen.

Christoph


Das geht übrigens nicht nur Programmierern so :)

Tom


Andererseits muss ich zugeben, das wollte ich auch grade sagen, nicht nur Programmierern, nicht nur Designern, ehrlich gesagt geht das mir öfters so. Auch wenn es um Business-Sachen geht. Weil ich eben so für die Sachen brenne und ich eben so ein Kopfmensch bin.

Christoph


Work-Life-Balance ist so ein bisschen ein komisches Konstrukt. Man ist ja beides, in einer Person, das kann man nicht so von einander trennen, das ist nicht Schalter aus und jetzt ist Privatmensch. Wenn einem was dran liegt und wenn man will, dass das gut wird, dann geht man damit ins Bett und wacht damit auf, und man träumt darüber und zum Teil träumt man sogar sinnvolle Sachen. Aber darüber brauchen wir nicht groß sprechen. Aber gerade zum Thema professioneller Mensch – privater Mensch. Mal so ein bisschen das Private, das Menschliche dahinter, wo holst du deine Inspiration her? Jemand, der so verschiedene Ansätze in seinen Businesses hat und so viele unterschiedliche Bedürfnisse erfüllt hat, der muss sich irgendwo Ideen her holen, irgendwas was nicht digital ist, was nicht im Internet ist. Wo ziehst du deine Inspiration her?

Tom


Tja, gute Frage. Also eigentlich gibt es zwei Quellen. Die eine ist wirklich das Digitale. Ich lese und surfe unglaublich viel. Ich bin immer ziemlich up to date was alles so abgeht und lese viel Reddit und Hacker News und Co. und weiß immer so was da läuft, das inspiriert mich immer wieder.

Christoph


Also IT Branchen News vor allen Dingen?

Tom


Ja, klassische Bücher lese ich leider viel zu selten. Bei mir ist das so, ich lese eine Buchempfehlung oder ein Buch, das ich geil finde, dann bestelle ich mir das bei Amazon und stelle es mir ins Regal und habe das Gefühl: Ja super, Task erledigt.

Christoph


Mache ich auch so.

Tom


Ich glaube, das machen die Meisten so, davon profitieren die Autoren alle. Ich habe auch echt einige befreundete Autoren, wo ich auch immer wieder denke:

Christoph


Wolltest du noch mal lesen …

Tom


Ja genau, die einen ansprechen und fragen: „Wie fandst du es denn?“ Und du musst sagen: „Ähh, ich hab es gekauft, aber nicht gelesen.“

Christoph


Schönes Cover :)

Tom


Naja, aber das fällt mir doch tatsächlich auch sehr schwer. So ein Buch, egal ob es gedruckt oder digital ist, dauert sehr lange und da musst du dir auch die Zeit für nehmen und abschalten, und das fällt mir, ehrlich gesagt, oft schwer. Deswegen ziehe ich das schon oft aus diesen ganzen Feeds im Internet einerseits und andererseits sind das eigentlich vor allem Menschen, die mich inspirieren und andere Unternehmer, teilweise auch andere Techies. Einerseits habe ich einen sehr aktiven Freundeskreis, der eigentlich mein privater Freundeskreis ist, aber auch fast ausschließlich aus Unternehmern besteht, mit denen ich sowohl privat meine Zeit verbringe, als mich auch beruflich auszutauschen. Andererseits engagiere ich mich dann auch in Organisationen. Das eine ist eben unser Verband, aber was auch sehr wichtig für mich ist und eine große Rolle dabei spielt ist EO, die Entrepreneurs Organization, wo ich seit vielen Jahren Mitglied bin. Die EO ist ein gar nicht so bekannter Verein, bewusst gar nicht so bekannt, weil wir haben nichts davon den zu vermarkten. Wir wollen dort einfach Unternehmen dabei unterstützen sich selber weiterzuentwickeln. Der Verein legt sehr viel Augenmerk darauf, wie man sich persönlich weiterentwickelt, wie geht man mit Herausforderungen um. Ich glaube, das wäre jetzt zu viel hier in die Tiefe zu gehen, aber das ist wirklich so ein Forum, wo ich mich auch immer wieder mit Leuten austausche, die dasselbe Mindset haben. Da gibt es so wahnsinnig tolle Persönlichkeiten, generell überall da draußen, da ziehe ich mir immer wieder Inspiration draus.

Christoph


Aus den Dialogen. Ich merke das immer wenn man diesen Schalter hin bekommt mit einer Person frei zu werden und so ein bisschen Ping-Pong spielt und vom Hölzchen auf Stöckchen kommt und manchmal auch meinetwegen weinselig wird, aber da entstehen ganz interessante Auseinandersetzungen, die sehr inspirieren können.

Tom


Ja, zum Beispiel bei EO haben wir auch sehr viele Leute aus ganz verschiedenen Branchen. Die Internet Fuzzis, die treffe ich ja jetzt seit langer Zeit ständig und überall, ich darf das ja sagen, ich bin ja selber einer.

Christoph


Alle lieben uns Internet Fuzzies :-)

Tom


Es ist total interessant mal mit Leuten aus der Baubranche und der Gesundheitsbranche, der Pharmabranche und so weiter sich auszutauschen und auch ein bisschen dem Kern von Unternehmertum an sich auf die Schliche zu kommen und eben auch da wieder neue Inspiration zu bekommen. Und ganz wichtig zu sagen ist, es sind wirklich Inspirationen, es sind keine Ratschläge, was im Übrigen auch bei EO ganz fest in den Statuten verankert ist. Dass bei EO keine Ratschläge gegeben werden sondern Erfahrungen geteilt werden. Da gibt es einige professionelle Organisationen, die das so machen, weil erkannt wurde: Ratschläge nützen am Schluss viel weniger als wenn man einfach erzählt, was man selber so ausprobiert und für Erfahrungen gemacht und erlebt hat und das kann dann andere inspirieren. Und Inspiration ist ja immer, dass etwas Neues entsteht aus dem, was man hört.

Christoph


Das ist ein aktiver Prozess des Hörenden, das ist eine selbstständige Entscheidung, wohingegen bei einem Ratschlag, psychologisch gesehen, immer wenn jemand sagt „Du solltest“ oder „Mach mal“ kommt immer ein ganz kleines bisschen Reaktanz. Dann kommt sofort dieser kleine Teufel und der sagt: „Hm, nee. Ich finde eigentlich andere Sachen viel cooler.“ Wenn aber jemand sagt: „Ich hab das und das gemacht“ oder „Ich hab mich in so einer Situation so und so verhalten“ oder einfach nur eine Geschichte erzählt, die ganz oft Dutzende dieser Facetten hat, wo man ganz viele Inspirationspunkte sieht, dann zieht jeder Zuhörer konstruktiv selbst seine eigene Erkenntnis aus dieser Geschichte und dann ist man viel freier. Klingt auf jeden Fall spannend.

Tom


Was mich auch immer wieder sehr motiviert sind auch die Geschichten der anderen zu hören und zu sehen, was andere so erleben und auch leisten und ehrlich gesagt weckt das auch meinen Ehrgeiz immer wieder. Gerade immer wieder in Phasen, wo ich selber denke: „Och jo, da könnte man mal ein bisschen gemütlicher machen …“ und dann treffe ich da wieder 3, 4 Unternehmer, die mich einfach vom Hocker hauen mit dem was die da tun und der Leidenschaft, dass ich dann irgendwie sage: „Ach komm, das kriegst du doch auch hin.“ Halt in deinem Gebiet. Seit vielen Jahren ist da Vieles zusammengekommen, was mich dazu verleitet, dass ich sage ich will eine Hochschule für Techies gründen. Weil das mal was völlig anderes ist, eine Hochschule zu gründen. Einerseits sehr anspruchsvoll, andererseits weil das sehr viele People Skills in mir fordert, ergänzend zu den Tech Skills. Wir sprachen ja eben schon lange drüber. Und, was mir auch sehr wichtig ist, und vielleicht klingt das jetzt erst mal lächerlich weil ich erst 30 bin, aber ich habe auch schon gefühlt ein beträchtliches berufliches Leben hinter mir und ich merke auch, gerade in der Tech-Szene, ich habe langsam Angst den Anschluss zu verlieren, auch als Coder, als Techie, ich bin da sicherlich nicht mehr überall auf dem allerneusten Stand was die tatsächliche Anwendung der neusten Technologien angeht. Dann denke ich mir auch, vielleicht ist das ja jetzt auch ein tolles Erlebnis, einfach mit jungen Leuten. Die jungen Leute da draußen … :) Na gut, Leute, die fast halb so alt sind wie ich, das muss man ja mittlerweile sagen, so weit ist es schon gekommen. Denen zu ermöglichen selber erfolgreich zu sein und die auch um sich herum zu haben, ich verspreche mir davon einfach unglaublich viel Inspiration und Jugend, in Anführungszeichen. Das einfach mitgestalten zu können. Und bei all den Ängsten und Herausforderungen, die das trotzdem mit sich bringt, einfach reinstürzen, ausprobieren! Das ist auch eine Erfahrung, die ich doch immer wieder in meinem Leben gemacht habe, dass ich immer wieder andere Leute, aber vor allem auch andere Institutionen und andere Unternehmen, überschätzt habe. Es gibt ja dieses Sprichwort: „Die anderen kochen auch nur mit Wasser.“ Und das ist immer so wahr, man denkt von Außen immer: Boah, krass, was die da machen und so. Und wenn man dann mal genauer hinguckt und sich das anguckt, dann ist das meistens eigentlich gar nicht so schwierig. Und gar nicht so schwer zu replizieren. Ich muss sagen, ich hab sehr großen Respekt vor der Gründung einer Hochschule, aber ich habe auch ein bisschen das Gefühl alle tun so als wäre es schwerer als es ist.

Christoph


Insbesondere in der Wissenschaft, gerade in Deutschland, ziehen wir uns sehr gerne diesen Kittel an, und das sieht damit sehr viel komplizierter aus als es manchmal ist. Natürlich, Statistik und Co., wenn wir jetzt über Wissenschaft sprechen, da muss man sich schon ein bisschen durchbeißen, aber im Prinzip ist das auch machbar, so wie fast alles was man mit dem Geist lernen kann machbar ist, wenn man sich nur genug committed. Körperlich eine andere Sache, nicht jeder von uns könnte jetzt die 100 Meter in 9 Sekunden laufen.

Tom


Also ich nicht :)

Christoph


Ja, bei mir sieht das auch eher nach 16 Sekunden aus, da sind wir uns einig.

Tom


Das ist noch so ein generelles Lebensziel, von dem ich hoffe, dass das mal demnächst stärker in den Vordergrund kommt bei mir.

Christoph


100 Meter in 9 Sekunden?

Tom


Ja, so allgemein Sport. Das ist leider ein bisschen an mir vorbei gegangen.

Christoph


Kann ich sehr empfehlen, das ist für mich auf jeden Fall seit eineinhalb Jahren ein sehr guter Ausgleich und ich habe 10 Jahre überhaupt nichts gemacht. Es tut schon gut, es stimmt was Alle sagen. Nur währenddessen nicht, während man läuft oder trainiert sagt das Gehirn die ganze Zeit: „Hör doch einfach auf, es wäre doch viel gemütlicher jetzt aufzuhören, oder?“

Tom


Du hast doch jetzt genug getan, 10 Minuten Laufen reicht doch.

Christoph


Rumliegen und 'ne Tüte Chips essen wäre einfach viel angenehmer. Aber danach geht es einem auf jeden Fall besser. Du hast so viel erzählt und ich will da überall einhaken, und das muss ich auch bei ein paar Punkten. Die Seite zu wechseln und anderen Menschen was beizubringen und die zu inspirieren, das kann ich definitiv nur bestätigen, das inspiriert einen selber auch. Ich sage gerne: „Ich lerne als Dozent mehr als damals als Student.“ Ich unterrichte seit 2009 Studenten in Medienpsychologie und verschiedenen anderen psychologischen Disziplinen. Dadurch, dass die meisten Studenten um die 20 rum sind und ich jetzt auch Anfang 30 bin, sage ich genauso wie du: „Oh Gott, Anfang 30, das ist weder alt noch jung.“ Aber wenn man nicht mehr 20 ist, dann fühlt man sich älter als 20 und das stimmt ja auch, man ist ja auch älter als 20.

Tom


Tatsache :)

Christoph


Und da ist tatsächlich auch ein gewisser Generationsunterschied, die kommen an die Uni und viele haben noch nicht gearbeitet. Man selber hat schon 16 Jahre Berufspraxis hinter sich, das macht einen großen Unterschied. Aber von den Studenten wiederrum zu lernen, wie die darauf reagieren wenn man denen was erzählt, oder ihnen was erklärt, oder was deren Lebensrealität gerade ist, gerade fürs Internet, wenn man digitales Business macht, ist unersetzlich. Man versteht auf einmal was Snapchat ist, wenn man sich mit ein paar Studenten unterhält, einen Blogpost drüber lesen ist nicht so gut. Das funktioniert deutlich besser, nur so als Beispiel in dem Bereich. Zu der Code University will ich gleich noch mal kommen, du hast das ja schon angeteasert. Im Prinzip hast du jetzt den Monolog geführt den man eigentlich mit 60 führt. „So, nach meiner ganzen Business Historie gehe ich jetzt hin und verbreite meine Erkenntnisse.“ Aber das ist gar nicht schlecht auch schon viel früher damit anzufangen und einfach beides zu machen. Ich glaube, programmieren kann man auch noch gut mit 60, auch wenn man vielleicht nicht mehr State of the Art ist, aber vielleicht kennt man so ein paar Tricks, die die jungen Wilden dann noch nicht kennen.

Tom


Ich habe einen Onkel, den ich sehr schätze, den Achim Bachem. Der war Jahre lang der Vorstandsvorsitzende beim Forschungszentrum Jülich und davor beim deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum, aber immer Management Positionen. Der ist jetzt im Ruhestand. Weißt du was der den ganzen Tag macht? Endlich wieder programmieren. Und der geht darin total auf, das ist eine ganz interessante Anekdote an der Stelle. Ja, tatsächlich wird mir das manchmal vorgehalten im Scherz von Freunden, die manchmal sagen: „Hör mal, so eine Hochschulgründung, ist das nicht so ein Lebensprojekt? Ist es schon so weit?“ Irgendwie war das bei mir generell im Leben so, dass ich versucht habe diese Dinge ein bisschen vorweg zu nehmen. Seit frühester Jugend kann ich mich erinnern, ich hatte immer auch ein paar ältere Freunde und man hört und liest ja auch Dinge. Ich habe immer versucht sehr genau einzuschätzen in welcher Lebensphase ich mich befinde und was sich verändern wird. Zum Beispiel war mir immer klar, dass nach der Schule alles völlig anders wird. Ich hab dann versucht sehr bewusst diese Zeit zu leben. Irgendwie habe ich da immer schon so ein Feeling für gehabt, dass ich gesagt habe: „Ich weiß eigentlich was da demnächst kommt und ich laufe da nicht so ganz blind rein.“ Deswegen denke ich auch diesmal, mach's lieber bevor du bereust es nicht gemacht zu haben.

Christoph


Was ich daran auch gut finde ist, das zu tun ist, dass du dich irgendwie inspiriert fühlst und auch noch, darf ich sagen, naiv genug bist um nicht zu wissen was für eine Scheiße auf dich zukommt auf dem Weg. Da muss man ja auch vollkommen optimistisch sein.

Tom


Da gibt es auch dieses super Zitat: „Alle sagten es geht nicht, dann kam einer der wusste es nicht und hat's einfach gemacht.“ Das ist so super weil es so wahr ist im Unternehmerischen.

Christoph


Und diesen Blick, diesen naiven Blick, braucht man auch, sonst hätte man viel zu viel Angst. Entrepreneurship besteht daraus, entweder sich nicht darum zu scheren, dass andere sagen es geht nicht, aber vielleicht auch hier und da nicht zu wissen, was alles schwierig daran ist sondern einfach diesen ersten Schritt zu gehen. Der 50. Schritt ist leichter wenn du die 49 davor gegangen bist. Insofern finde ich das super, dass du das hast und, dass du das tust. Ich weiß nicht ob es ein besseres oder schlechteres Alter gäbe eine Universität zu machen. Doch bevor wir über die University sprechen – jetzt die Kurve – kommt jetzt was total Cooles. Man hört jetzt nämlich einen Sound – (Musik) 3 Thesen – Und dann sage ich, was ich mit dir mache. Ich hab drei Thesen für dich und du sagst mir was du zu diesen Thesen denkst. Und du hast die Thesen noch nicht gehört. Ich probiere hier ein wenig Programmstruktur reinzubringen, total professionell :) These 1: Programmieren ist Design.

Tom


Ich soll jetzt sagen was ich dazu denke? Absolut, absolut, Design. Nicht in dem Sinne von grafischem Design, was wir ja oft im Synonym benutzen und was eben nicht ganz ausreichend ist sondern im Sinne von Code, oder Design im Sinne von etwas-Struktur-geben. Bei Code geht es letztendlich nur um Struktur, und vor allem um abstraktes Denken, wo viele eigentlich immer an Mathe denken. Mathe hat ja ähnliche Ansätze. Aber das, was beides gemein hat, ist dieses abstrakte Denken und Strukturieren von Gedanken.

Christoph


Wenn die Sprache des Coders die Programmier-Sprache ist, also meinetwegen Swift oder so was, dann ist die Sprache des Grafik Designers die Pixel oder die Farben und die Formen. Und die Sprache des Interaction Designers sind die Schriften und die Prozesse. Ich bin auf deiner Seite, ich denke auch, es hat viel mit Design zu tun. Mein Lieblingszitat über Design, ich weiß leider noch nicht mal wer es gesagt hat gerade, vielleicht kann ich das in den Shownotes nachtragen, ist: 'Design heißt die aktuelle Realität zu verbessern.' Das ist eine sehr freie Definition, die ich aber sehr gut finde weil sie einmal weg von der reinen Grafik ist. Design ist immer ein aktiver Prozess, irgendwelche Prozesse umzustellen, zu verändern, etwas leichter zu machen, weniger Schritte notwendig zu machen, etwas vielleicht interessanter zu gestalten. Code passt wie die Faust auf's Auge in diese Definition. Wofür programmieren wir, wenn nicht um unsere aktuelle Realität zu verbessern. Okay, es gibt so ein paar Unternehmen die machen das anders, aber über die wollen wir heute nicht sprechen. Advertising Technology, ich gucke in eure Richtung. 2.These: Design kann man nicht lehren.

Tom


Würde ich so nicht sagen, kann man schon lehren, kann man auch lernen. Letztendlich bin ich der Überzeugung, dass man alles lernen kann und was man lernen kann, kann man auch lehren. Die Frage ist eher wie man das lehrt. Generell eine ganz tiefe Überzeugung von mir, und das hat mich auch geprägt, ist Selbsterkenntnis und oft auch das autodidaktische Lernen. Eben Inhalte nicht irgendwie reingeprügelt zu bekommen sondern, dass man entweder sich selbst hilft oder andere einem helfen, dass vielleicht auch Artikel oder Dinge, die man liest, einem helfen. Da sind wir wieder bei dem Punkt. Auch die Inspirationen selber auf die Erkenntnis zu kommen. Wenn man das richtig macht, natürlich kann man auch Design lehren.

Christoph


Super, dass du schon selber darüber sprichst. Du hast eben gesagt, wenn man programmiert schreibt man gar nicht für den Computer sondern man schreibt für Menschen. Damit haben wir diese Parallele zum Design auch noch mal. Da komme ich so ein bisschen her. Ich möchte sagen, man kann einem Designer nicht wirklich einfach nur beibringen wie man einen Schraubenzieher benutzt. Wenn ich einem Designer zeige wie man einen Linie zeichnet, hat der noch nicht gelernt wie man designt, weil um designen zu können, egal ob mit Code oder mit Pixeln oder mit Farbe oder mit Holz oder was auch immer, muss man immer überlegen für wen, wann, warum überhaupt. Man muss eigentlich extrem empathisch sein für das potentielle Gegenüber. Empathie kann man mit Sicherheit lernen aber es ist sehr, sehr schwer und es ist viel mehr als einfach nur zu erklären wie Sozialdynamik funktioniert oder wie Menschen funktionieren. Das ist ein Prozess, den man erst selber lernt, wenn man sich auf die Suche begibt und auch wenig Scheuklappen hat sondern lateral guckt und ein bisschen links und rechts sich Inspiration holt. Guck da, da ist ein Mensch, der ist in der und der Situation, das habe ich vorher gar nicht gesehen, jetzt kann ich für den was designen. Oder wie man auch sagt: dog fooding oder scratching your own itch, löse deine eigenen Probleme. Aber dann weißt du zumindest wer das Problem hat und jetzt musst du nur noch dafür sorgen, dass du nicht der einzige bist. Aber das ist sehr schwer jemandem beizubringen. Ich hab festgestellt, ich kann natürlich Werkzeuge lehren. Bei Code wäre es in der Programmiersprache, da kann ich ihm die Syntax beibringen. Aber ein gutes Programm zu schreiben kann ich ihm nicht wirklich beibringen. Die Struktur, wie du es genannt hast, das Strukturgeben, das muss er selber finden in dem Prozess, in diesem kreativen Prozess während man schreibt und wofür man es schreibt.

Tom


Da gibt es auch wieder ein schönes Zitat, ich glaube von Antoine de Saint-Exupéry: 'Wenn du willst, dass Leute ein Boot bauen, dann lehre sie nicht das Boot zu bauen sondern die Sehnsucht nach dem Meer.' Und das ist wieder ein ähnlicher Ansatz. Ich muss schon sagen, und das war auch eine etwas traurige Erkenntnis, aber ich glaube, es ist immer wichtig die Wahrheit zu kennen und damit auch umzugehen. Es gibt natürlich bestimmte Veranlagungen, gerade wenn wir über Studenten reden, sagen wir mal über 18 jährige heutzutage, die jetzt zu studieren anfangen. Natürlich sind schon einige Dinge vorgeprägt. Ich glaube, wenn bis dahin jemand sich noch sehr wenig mit dem Thema abstraktes Denken, Logik – und das ist letztendlich auch etwas was Design wiederum erfordert – auseinandergesetzt hat, dann ist das wahrscheinlich auch schon zu spät um den da wirklich noch richtig weit zu bringen. Ich glaube, jeder Mensch ist da schon ein bisschen anders. Deswegen muss man ganz genau hingucken. Aber es bringt auch nichts dagegen zu arbeiten. Da muss man auch das Ganze sehen und schauen, was will man denn eigentlich wirklich machen? Ist das denn was für dich? Ich habe zum Beispiel als Unternehmer manchmal Mitarbeiter gehabt, die in einem Bereich einfach überhaupt nicht gut gearbeitet haben. Dann haben wir Monate lang versucht das irgendwie zu fixen und es wollte einfach nicht. Dann haben wir mal ausprobiert die in einen ganz anderen Bereich zu setzen und plötzlich ging es wunderbar. Teilweise war das auch für die Mitarbeiter selbst eine Erkenntnis. Das muss ich schon immer mitschicken, einerseits kann man wirklich alles lernen aber dann muss man auch wirklich daran interessiert sein und eine Passion haben. Und wenn man ganz ehrlich mit sich ist und feststellt, die habe ich in dem Bereich nicht, dann sollte man was anderes machen, ist ja auch okay.

Christoph


Da knüpft direkt meine 3. These an: Jedes Kind heute sollte programmieren lernen.

Tom


Ja, würde ich grundsätzlich schon sagen, die Frage ist immer: Was heißt programmieren lernen in dem Kontext? Wir lernen ja in der Schule so viele verschiedene Dinge, die wir alle, oder die allermeisten, im späteren Leben nicht mehr brauchen. Weil wir eben sagen: „Es ist wichtig den Leuten Orientierung zu geben, einen Überblick zu geben und ein Grundverständnis zu geben.“ Wir könnten auch argumentieren, warum habe ich jetzt genau Zellteilung gelernt, hat das noch irgendeine Relevanz für mich? Eigentlich nicht. Und da gibt es etliche Beispiele. Ich finde, das trifft auch aufs Programmieren zu. Und ich finde insbesondere, dass das vor allem aufs Programmieren zutrifft und weniger auf Informatik als Ganzes. Das habe ich heute schon ein paar Mal angesprochen und das ist ein Grundding und ich versuche auch mit meiner Hochschule so ein bisschen damit umzugehen. In Deutschland verwenden wir sehr oft, oder generell eigentlich, Informatik synonym mit Programmieren. Was in meinen Augen einfach nicht stimmt. Ich sagte ja schon, ich brauchte wenig Mathematik-Kenntnisse in dem Sinne um wirklich meiner Arbeit als Entwickler nachzugehen.

Christoph


Da wirst du jetzt bestimmt so ein paar Hass-E-Mails bekommen von Entwicklern, die das ganz anders sehen. Ich würde mich freuen, schreibt Hass-E-Mails :-) Wenn ihr Mathematik für absolut unabdingbar haltet. Wenn man Informatik studiert hat, hilft es mit Sicherheit aber es ist nicht zwingend notwendig.

Tom


Wir sprachen gerade über dieses schöne Zitat, mit dem Boot bauen und dem Meer und Leidenschaft und so. Und genau so sehe ich das und genau so war das auch bei mir. Wir reden hier von Kidstern in der Schule im Zweifelsfall. Die muss man überhaupt erst mal für das Thema begeistern. Das Tolle ist ja, die haben erst mal eine Grundbegeisterung, die sagen so: „Hier, guck mal, geil Apps auf meinem Handy und so und ich will jetzt auch mal so 'ne App machen.“ Eigentlich sind die ja total gespannt, und dann kommen die in den Informatik-Unterricht, wenn es dann überhaupt einen gibt, der meistens von einem Mathelehrer gelehrt wird, der in seiner Freizeit manchmal vielleicht mal ein bisschen programmiert hat oder so. Dann fangen die mit Dingen wie irgendwelchen Algorithmen an, mathematischen Sachen, Computergeschichte und so. Das sind alles tolle Dinge aber ich glaube, man muss es irgendwie schaffen, dass man ganz schnell die Kinds daran kriegt selber Resultate zu sehen, selber wirklich zu programmieren, im reinsten Sinne. Und wenn es einfach nur ein bisschen HTML ist und guck mal, wenn du den Code da änderst ist der Button blau statt grün. Und sich von da aus vor zu hangeln und stärker auf die Grundlagen zu gehen. Und deswegen würde ich sagen: „Ja, ich finde jedes Kind sollte mal programmiert haben.“ Und entweder hat es Spaß dran und kann es vertiefen, auch mit einem Studium, oder halt nicht. Im Übrigen finde ich, dass generell in der Schule viel mehr passieren sollte. Was ich leider immer wieder sehr erschreckend finde. Wir setzen uns sehr stark mit dem Thema Programmieren in den Schule auseinander und da reden ja mittlerweile gefühlt alle drüber, auch die Politik so langsam. Und was ich da nur leider sehr erschreckend finde ist, dass wir nicht die erste Disziplin sind, die das fordert. Wofür steht denn Deutschland in der ganzen Welt und was prägt unser Selbstbild? Das Ingenieurstum, Ingenieurwesen, die Ingenieure. Und jetzt überleg mal, wo wird denn Ingenieurwesen in der Schule gelehrt? Oder Begeisterung? Überhaupt nicht. Wir machen Physik, Biologie, wir machen Mathe und Chemie …

Christoph


Genau, wir bilden in der Grundschule, und in der weiterführenden Schule ganz besonders, Akademiker aus. Wir bilden so aus, dass man dann Akademiker werden kann, darauf ist dieses Schulsystem optimiert, da verändert sich schon was, auch aktuell, aber nicht überall und auch nicht schnell.

Tom


Durch das Föderale ist das auch sehr undurchsichtig, muss man sagen.

Christoph


Du hast vollkommen Recht, mit wenigen Ausnahmen. In Schulen, die das von sich aus machen, baut man mal eine Maschine. Man kann das ja relativ schnell machen, so wie beim Programmieren auch. Innerhalb von 5 Minuten hast du das Erste, was funktioniert, und dann merkst du, bei einigen geht dann die Lampe im Kopf an und die sagen: „Das ist Wahnsinn!“ Schönes Beispiel für mich ist, was der Daniel Sachse am Startplatz hier in Köln macht. Devvox for Kids nennt sich das. Da sind Kinder zwischen 6 und 13 eingeladen, die kommen dahin und können sich entweder mit Lego Mindstorms oder Scratch beschäftigen. Das ist so eine kindgerechte IDE, ich weiß leider nicht auf welcher Programmiersprache die basiert, vielleicht Javascript, und Arduino, also auch ein bisschen mehr das Physikalische und das ist unfassbar. Die Kids explodieren halt, die eskalieren weil das so cool ist, bei denen im Gesicht diesen Moment zu sehen wo sie verstehen, ich hab' was gemacht und das hat diese Konsequenzen und das klappt. Egal welches Alter, egal welches Geschlecht, das funktioniert richtig gut, kann man gar nicht früh genug mit anfangen. Einfach die Experimentierfreude einzuladen, weil man auch wirklich was macht. An der Schule, vor allem wenn man so diese Standardlaufbahn-Grundschule, Gymnasium und dann Uni macht, da hat man im Zweifel nicht viel gemacht. Gerade Manufaktur-mäßig, auch Digitalmanufaktur, man hat einfach nicht viel gemacht. Das möchtest du auch mit dem weiteren Bildungsweg ändern. Und du möchtest einen etwas, kann man das dann praxisorientierteren oder marktorientierteren oder realitätsorientierteren Studiengang oder eine Universität anbieten. Mit 3 Studiengängen, wenn ich das richtig verstehe, für Software-Entwicklung, für Interaction Design und für Produktmanagement, oder Product Management, eigentlich müsste ich die englischen Begriffe sagen weil es eine englische Hochschule wird. Erzähl doch mal ein bisschen was dazu. Also du hast schon ein bisschen was dazu erzählt aber was sind deine Vorstellungen? Frage ich mal so: Du sagst, 2017 wird es wahrscheinlich los gehen, eine Hochschule zu gründen hat einen gewissen Vorlauf. Wenn wir uns jetzt in 2019 das nächste Mal zusammensetzen würden, was hättet ihr geschafft?

Tom


Hui, erst mal wären wir bis dahin hoffentlich eine staatlich anerkannte akkreditiere Hochschule, das ist das dickste Brett an dem wir derzeit bohren.

Christoph


Klar, erst mal das Langweilige und dann kommt der Spaß.

Tom


Genau, und 2019 würden wir dann eine ganze Menge Studenten haben, die schon in ihr drittes und letztes Studienjahr einsteigen. Das heißt, dann wissen wir schon sehr genau ob das alles so funktioniert wie wir uns das vorstellen. Ach, ich weiß es gar nicht … Dann hätten wir ja den zweiten Jahrgang aufgenommen, wären dabei den dritten Jahrgang aufzunehmen. Mir fällt es manchmal besonders schwer auch einzuschätzen wie groß das Interesse sein wird, das müssen wir wirklich noch rausfinden. Also, reden wir hier von 50 Leuten pro Jahr, reden wir von 300 pro Jahr, noch mehr? Keine Ahnung, ich kann mir ehrlich gesagt alles vorstellen, ich glaube, dass auch wirklich der Bedarf da draußen ist.

Christoph


Ich glaube, dass es mehr werden.

Tom


Vielleicht werden es auch mehr. Dann müssen wir uns überlegen wo wir eine Grenze ziehen und sagen: „Wir müssen das Wachstum auch selber irgendwie gestemmt kriegen.“ Letztendlich mache ich mit dieser Hochschule genau das, was mir damals gefehlt hat. Das basiert sehr stark auch auf meinem persönlichen Lebensweg, gerade auch in der jetzigen Phase, wo so vieles auch noch Ideen und Konzepte und Dinge auf Papier sind. Letztendlich kann man auch sagen, ich nehme ein bisschen eine Cologne Business School von 2005, wo ich damals da war, wo das alles noch sehr überschaubar war. Die Hochschule ist heute auch sehr erfolgreich und sehr groß, mit über 1800 Studenten aber als ich da war waren es 300 Studenten, 100 pro Jahrgang, das ist eine schöne Zahl, die kann man gut überblicken. Und dadurch, dass ich mich so viel engagiert habe, habe ich auch das ganze Hochschulleben und die Verwaltung und ein bisschen die Prinzipien kennen gelernt, das hat mich irgendwie geprägt. Andererseits nehme ich jetzt das, was ich aus der ganzen Tech-Szene kenne und sehe und selber erlebt habe, und versuche das sozusagen alles zu kombinieren. Du hast eben die 3 Studiengänge angesprochen. Ich glaube, es ist auch echt wichtig, dass die alle 3 stattfinden. Und später vielleicht sogar noch weitere, weil das wirklich diese typischen Differenzierungen sind, die wir dann eigentlich auch im Berufsleben sehen. Nicht nur im Berufsleben sondern die generell notwendig sind um gute digital Produkte zu erschaffen. Eben mit demjenigen, der programmiert, demjenigen, der es designt, insbesondere dann auch wirklich von einem User Experience und von einem menschlichen Aspekt her, der die Schnittstelle zum Menschen macht, und demjenigen, der Produktmanager ist. Das ist so der Begriff, der uns noch am schwersten fällt, weil ich glaube, den kennt außerhalb der Branche niemand so richtig. Der koordiniert wirklich das Ganze, der macht viel Projekt Management, der analysiert viel, der ist die Schnittstelle wiederum zum Business.

Christoph


Und der macht auch das Marketing und das SEO und so weiter.

Tom


Zum Beispiel. Man kann das ziemlich dehnen. Da fließen auch viele unternehmerische Qualitäten rein. Ich stelle mir das echt cool vor, wenn wir diese 3 Studiengänge haben, dass wir dann auch wirklich viel kombinatorisch machen können, dass diese 3 Studiengänge zusammen an Projekten arbeiten und auch studiengangsübergreifend.

Christoph


Ich glaube, diese 3 Sparten sind gut, auch mit der Kommunikation nach außen. Es gibt gewisse Profile an Menschen oder an Jugendlichen und Schülern, die das im Kopf haben und die diesen Weg gehen wollten und die danach suchen und dadurch dann auf euch aufmerksam werden. Als zweiter Punkt finde ich, dass man einem Programmierer oder auch einem Designer und einem Produktmanager ganz spezifische Tools und Fähigkeiten beibringen kann und muss, die in dieser Sparte notwendig sind. Da braucht man dann eine gewisse Spezialisierung. Da habe ich letzte Woche auch mit John Minah drüber gesprochen, Spezialisierung und Generalisierung. Auf der anderen Seite ist das auch eure Chance, da alles an einer Hochschule passiert. Da sind in einer Universität komplett andere Campusse – oder Campi?

Tom


Nee, Campusse, ich habe das ein paar mal gegoogelt in den letzten Wochen …

Christoph


Oder im Zweifelsfall in komplett anderen Hochschulen, dass man quasi überhaupt keine Überschneidungen hat. Dann studiert man an der Makromedia und wird Interactiondesigner und dann kommt man von der CBS und ist Produktmanager und hat sich in seinem Leben noch nie kennen gelernt, was bei euch an einem Campus eben die Chance ist. Dass man sich auch während des Studiums in Projekten und auch außerhalb von Projekten miteinander vermischt und auch die Perspektiven des anderen lernt. Ich habe in den letzten Jahren immer wieder gesehen, dass wir noch viel zu hohe Wände zwischen diesen 3 Sparten haben, zwischen dem Business, dem Design und der Technologie, wenn ich das mal so sagen darf. Viele unserer Probleme, auch in Start Ups oder in Unternehmen, kommen aus dem Unverständnis dieser Bereiche untereinander. Ich glaube, dass alle 3 Bereiche dieses verbindende Metawissen brauchen, was überhaupt ein Produkt ist, was man überhaupt macht, warum man das macht. Auch um Ownership genug zu bekommen, um vernünftig designen zu können, wenn wir darüber sprechen, dass im Prinzip alle 3 Sparten eine Form von Design am Ende sind. Das finde ich auf jeden Fall ein absolut hohes Ziel. Und wenn wir von deiner Vergangenheit ausgehen können, dann wissen wir, dass das Ganze einen ganz guten Weg gehen wird. Ich werde das beobachten, ich bin sehr gespannt. An der Stelle will ich jetzt schon mal Danke sagen, ich finde das war ein sehr, sehr interessantes Gespräch. Vielen Dank für deine Zeit. Ich möchte dir noch die Möglichkeit geben digital was zu pushen. Was möchtest du in die Öffentlichkeit bringen, wo sollen Leute hin gehen, wie sollen sie mit dir in Interaktion gehen, gibt es irgendwas was du promoten möchtest? Außer die Code University?

Tom


Ich glaube, für alles was ich promoten wollte habe ich schon sehr viel Sendezeit bekommen. So eine Hochschule, die lebt auch einfach von einem breiten Ökosystem, von einer breiten Szene, von breiter Unterstützung und da gibt es so viele Möglichkeiten irgendwie dran mitzuwirken und sich gedanklich oder operativ dran zu beteiligen, dass ich da jeden wirklich einlade, sich da einzubringen. Man findet uns online und bei Facebook als Code University, code.university ist die Homepage.

Christoph


Geile Domain :)

Tom


Ja, die Domain habe ich mir schnell geschnappt. Und ansonsten bin auch sehr gut über Facebook und Email zu erreichen, wenn ihr mich googelt findet ihr eigentlich alles. Ich krieg es manchmal nicht hin rechtzeitig zu antworten, deswegen weise ich immer alle Leute darauf hin: Wenn ihr wirklich eine Antwort von mir haben wollt, dann erinnert mich einfach jede Woche daran, dass ihr mir geschrieben habt :) Nein, ganz so schlimm ist es nicht. Nein wirklich, wenn das mal passieren sollte dann immer gerne nachhaken, grundsätzlich habe ich den Anspruch jedem zu antworten, nur im Moment ist halt wirklich viel los.

Christoph


Das glaube ich dir, und das ist auch gut so. Viele Möglichkeiten und viel Inspiration. Vielen Dank für deine Zeit, Tom. Es war mir ein Fest.

Tom


Ja, danke dir Christoph.

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