Die Aufnahme ist der Mitschnitt der ensprechenden Predigt am Vorabend (9:27 )


Im Advent und in der Fastenzeit stechen zwei Sonntage heraus. Sie erinnern daran, dass der Grund für diese spezielle, eher nachdenkliche und ernste Zeit der Vorbereitung und der Buße vor allem ein Grund zur Freude ist.


Entsprechend lauten die Eröffnungsverse der Heiligen Messe. „Gaudete“, so heißt und beginnt der Dritte Adventssonntag, „Gaudete in Domino semper…“ – „Freut euch im Herrn zu jeder Zeit! Noch einmal sage ich: Freut euch! Denn der Herr ist nahe“ (Phil 4,4.5)


Nun ist das mit der Freude so eine Sache. Sie kann ja nicht einfach verordnet werden. Und für viele Menschen sind die Gründe für Freude angesichts ihrer Sorgen und Zukunftsängste eher rar geworden.


Das gilt auch in der Kirche. Solange die Kirche nicht bestimmte Kriterien erfüllt, sind viele in ihr tendenziell schlecht gelaunt und die Freude wird verschoben auf später, wenn alles anders und besser ist – manchmal ein Leben lang.


Mich erinnert der Sonntag Gaudete an drei Gründe zur Freude:


Erstens an die Mitfreude. Ich freue mit den Menschen um mich herum über alles mögliche Gute. Es gibt ja keine gottlose Freude, wenn es echte Freude ist. Damit meine ich eine Freude, die sich auf Gutes bezieht, nicht auf Kosten anderer geht und so ist, dass sie das Gute im Menschen zum Vorschein bringt. Echte Freude kommt von Gott und führt zu Gott. Und dann kann sie zu einer Freude werden, die nicht nur Gütern gilt, sondern der Güte, nicht nur Gaben, sondern auch dem Geber.


Zweitens freue ich mich an Gott und seinem Kommen und seinem Versprechen, uns nahe zu sein und uns Anteil an seinem Leben zu geben. „Der Herr ist nahe!“, ruft Paulus den Philippern als Grund zur Freude zu.


Manchmal wird die Freude an Gott mit der Freude an sich selbst verwechselt. Es ist ja nichts falsch daran, sich über sich selbst zu freuen. Nur wäre es gut, wir würden darüber nicht stolz oder undankbar.


Es gibt zum Beispiel eine bestimmte „Freude am Glauben“, die keine Freude an dem Geglaubten ist, sondern Freude am Frommsein. Das ist so ähnlich, wie wenn einer mehr Freude am Lieben hat, als am geliebten Menschen. Dann braucht einer den anderen, um sich für einen guten Liebhaber zu halten.


Ich freue mich an mir, weil ich mir gegeben bin. Und daher freue ich mich über den Geber noch bisschen mehr als über mich, weil er so viel mehr gibt als bloß mich.


Die Freude an Gott und seinen Gaben ist allerdings vielen verdächtig: Wer sich jetzt freut, heißt es, hat den Ernst der Lage nicht erkannt. Wer sich freut, lebt in einer Blase. Wer sich freut, verharmlost das Leid und das Böse.


Die Freude an Gott müsste also so sein, dass sie auch angesichts der Not der Welt noch irgendwie Bestand hat – ohne dieses zu verharmlosen.


Wenn der gesalbte und gesendete Knecht Gottes kommt, sagt der Prophet Jesaja in der Lesung, dann kommt er, „um den Armen frohe Botschaft zu bringen, um die zu heilen, die gebrochenen Herzens sind, um den Gefangenen Freilassung auszurufen und den Gefesselten Befreiung“ (Jes 61,1). Die Kirche ist der Ort, an dem das Kaputte in der Welt zu dem kommt, der die Liebe ist und es heil machen wird. Wer nichts Kaputtes in der Kirche haben will, der hat ein Problem.


Nur dürfen wir halt das Kaputte nicht heil und das Gefangene nicht frei nennen, das Kranke nicht gesund, die Heuchelei nicht Heiligkeit und die Lüge nicht Wahrheit nennen, wenn es wirklich zu dieser Begegnung mit Gott in der Kirche kommen soll.


Weil ich wie alle Menschen diese Begegnung ersehne und nötig habe, freue ich mich an Gott und auf ihn.


Und drittens muss ich an noch eine Mitfreude denken. Nämlich an die Mitfreude mit Gott. Das vergessen wir Christen nicht selten, dass Gott sich an der Welt freut und sich nach dem Menschen sehnt, und dass es Gottes „Freude [ist], bei den Menschen zu sein“ (Spr 8,31). Nicht nur um uns zu ertragen, zu versöhnen und zu erlösen. Sondern einfach so, weil wir ursprünglich seine Freude sind wie er unsere Freude ist.


Fra' Georg Lengerke